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<vielen-20240715215151@ram.dialup.fu-berlin.de>

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From: ram@zedat.fu-berlin.de (Stefan Ram)
Newsgroups: sci.lang
Subject: Re: Official German spelling update
Date: 15 Jul 2024 20:52:37 GMT
Organization: Stefan Ram
Lines: 95
Expires: 1 Jul 2025 11:59:58 GMT
Message-ID: <vielen-20240715215151@ram.dialup.fu-berlin.de>
References: <slrnv8raos.7eh.naddy@lorvorc.mips.inka.de> <slrnv95gaj.17f0.naddy@lorvorc.mips.inka.de> <87o77158s5.fsf@parhasard.net> <slrnv960kk.1ch5.naddy@lorvorc.mips.inka.de> <v70abv$40o6$1@dont-email.me> <Vielen-20240714122028@ram.dialup.fu-berlin.de> <pp789jppco8vfh98d2ik8tkddta7q108es@4ax.com> <v73nfh$q2r6$1@dont-email.me> <Vielen-20240715201141@ram.dialup.fu-berlin.de> <vielen-20240715204349@ram.dialup.fu-berlin.de> <Grimm-20240715212828@ram.dialup.fu-berlin.de>
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ram@zedat.fu-berlin.de (Stefan Ram) wrote or quoted:
>BTW: We had a thread 
>"vielen Dank" - wieso "vielen"?
>in de.etc.sprache.deutsch in 2006, where I wrote
><dank-20061230181811@ram.dialup.fu-berlin.de>.

|Das ist in der Tat eigenartig. Normalerweise wird "viel" und "wenig" im 
|Singular nur dann gebeugt, wenn es determiniert ist: "mein vieles Geld", 
|"das viele Geld". Eine Ellipse wie "haben Sie meinen vielen Dank" wäre 
|eine Erklärung, klingt aber holprig.
Helmut Richter

|Es heißte zwar "viel Geld", aber nicht "viel Euro", sondern "viele
|Euro". Eine andere Erklärung wäre also, daß "Dank" hier als zählbar
|behandelt wird. Dabei sollte zwar normalerweise die Pluralform zur
|Anwendung kommen, allerdings hat "Dank" gar keine. Ähnlich merkwürdig,
|aber diese Interpretation bestätigend, ist "tausend Dank".
Oliver Cromm

|Bei Adelung findet man allerdings auch: "Wir wollen tausend Spaß
|mit ihm haben." Außerdem gab es auch tausend Glück, Freude usw.,
|von Sackerment mal ganz zu schweigen. ;)
|
|| [...] und da haben die beiden Hünentöchter tausend Spaß mit
|| dem niedlichen Spielzeug, [...]
|[Bechstein: Deutsches Sagenbuch. Deutsche Literatur von Luther bis
|Tucholsky, S. 46368 (vgl. Bechstein-Sagen, S. 282)]
|
|| Der kleine Wilhelm fieng schon an, Worte zu stammeln, und 
|| machte durch seine Liebkosungen, und durch seine unschuldige 
|| Fragen seinen Eltern tausend Freude.
|[Miller: Siegwart. Eine Klostergeschichte. Deutsche Literatur 
|von Luther bis Tucholsky, S. 394819 (vgl. Miller-Siegwart, S. 1055)]
|
|| Da der Pastor hörte, daß wir auf die Akademie gingen, wünscht'
|| er uns tausend Glück.
|[Hippel: Lebensläufe nach aufsteigender Linie. Deutsche Literatur von
|Luther bis Tucholsky, S. 261896 (vgl. Hippel-Lebensläufe Bd. 2, S. 117)]
|
|| Ach die schnöde Kleiderpracht
|| Macht ihm tausend Leid.
|[Droste-Hülshoff: Gedichte (Die Ausgabe von 1844). Deutsche Literatur
|von Luther bis Tucholsky, S. 104427 (vgl. Droste-SW Bd. 1, S. 169)]
|
|Zur Flexion von "viel" wird im Paul (Dt. Wörterbuch, 2002) u. a.
|folgendes ausgeführt:
|
|| Andererseits kommt auch der Nom. und Akk. Sg. flektiert vor (_vielen
|| Dank, viele Mühe, vieles Lesen_, doch kaum _vieler Dank_), wobei auf
|| den Adjektivformen immer ein Nachdruck liegt, während _viel_ gewöhnl.
|| enklitisch ist;
|
Wolf Busch

|Vorher heißt es im Artikel sinngemäß:
|
|Bis ins 20. Jh. war es die Regel, daß "viel" im Nom. Akk. Sg.
|flexionslos blieb, während es sonst flektiert wurde (viel Geld -
|vieles Geldes, mit vielem Gelde).
|
|Deswegen werden im obigen Zitat nur der Nom. und Akk. Sg. erwähnt,
|denn daß in den anderen Fällen flektiert wird, wurde ja schon
|vorher gesagt.
|
|Ob man wirklich "vieles Geldes" gesagt hat, wie im Paul behauptet
|wird, weiß ich nicht. Auf der DVD-ROM "Deutsche Literatur von
|Luther bis Tucholsky" findet man für "vieles Geldes" keinen Beleg.
|Aber "mit vielem Geld" scheint früher tatsächlich recht häufig
|verwendet worden zu sein:
|
|mit viel Geld      - 3 Fundstellen
|mit vielem Geld[e] - 22 Fundstellen
|
|Oder auch:
|
|mit viel Freude   -  2 Fundstellen
|mit vieler Freude - 23 Fundstellen
|
|Präpositionen mit Akk. verhalten sich allerdings auch so
|ähnlich:
|
|um viel Geld   -  1 Fundstelle
|um vieles Geld - 11 Fundstellen
|
|ohne viel Geld   - 1 Fundstelle
|ohne vieles Geld - 0 Fundstellen
|
|ohne viel Mühe  -  4 Fundstellen
|ohne viele Mühe - 14 Fundstellen
|
|Im Paul wird außerdem behauptet, daß noch im 18. Jh. die
|Verwendung der flexionslosen Form größere Ausdehnung hatte ("aus
|viel Ursachen"; "an so viel blühenden Stellen").
|
Wolf Busch